Zu einem reflektierten Umgang mit Nahrungsergänzungsmitteln wird Sportlerinnen und Sportlern immer geraten. Aber warum eigentlich genau? Wo liegt die Gefahr für Leistungssportlerinnen und -sportler? Und ist es bekannt, dass unbeabsichtigte Dopingfälle auch oft durch die unbedachte Einnahme von vermeintlich harmlosen Erkältungsmedikamenten ausgelöst werden?
Dieser Blog-Beitrag widmet sich näher dem Thema Dopingfallen, die in Nahrungsergänzungsmitteln, freiverkäuflichen Medikamenten und Lebensmitteln lauern können. Der Beitrag zeigt außerdem auf, worauf Athletinnen und Athleten achten sollten.
Nahrungsergänzungsmittel
Nahrungsergänzungsmittel (NEM) sind Lebensmittel. Zu ihnen zählen z. B. Vitamine, Mineralstoffe, Aminosäuren oder auch Ballaststoffe. Dabei zeichnen sie sich durch eine hohe Konzentration der Inhaltsstoffe und eine nahrungsuntypische Form, z. B. als Tablette oder Trinkampulle, aus. Da NEM Lebensmittel und keine Arzneimittel sind, benötigen sie keine Zulassung und werden nicht auf gesundheitliche Unbedenklichkeit oder stoffliche Reinheit untersucht. Deshalb können auch dopingrelevante Substanzen enthalten sein.
Hersteller haben nicht zwangsläufig Kenntnis darüber, dass ihr Produkt womöglich kontaminiert ist. Je nach Herkunft können verbotene Substanzen gezielt beigefügt worden sein – diese Nahrungsergänzungsmittel wurden bewusst gefälscht – oder als Rückstände beim Abfüllprozess in Produkte gelangen. Dann spricht man von einer Verunreinigung. Der Konsum solcher Nahrungsergänzungsmittel kann zu einem unabsichtlichen Dopingverstoß führen. Gerade deshalb müssen Leistungssportlerinnen und -sportler genauer prüfen, was sie zu sich nehmen. Denn das Risiko tragen Athletinnen und Athleten selbst.
Weiterhin enthalten NEM Nährstoffe oft in überhöhten Mengen und isolierter Form. Werden einzelne Nährstoffe in zu großen Mengen zugeführt, können ernsthafte Nebenwirkungen auftreten.
Reflektierter Umgang mit NEM
Daher rät die NADA immer zu einem reflektieren Umgang mit NEM. Das bedeutet zum einen, dass ein Mangel ärztlich festgestellt werden sollte. Eine Ärztin oder ein Arzt kann sagen, ob tatsächlich eine Mangelerscheinung vorliegt oder doch alle Nährstoffe regulär über die Ernährung aufgenommen werden könnten. Nach einem festgestellten Mangel kann zunächst eine Beratung, z. B. am Olympiastützpunkt, in Anspruch genommen werden. Zur Behandlung des Mangels sollte auf Medikamente aus der Apotheke zurückgegriffen werden, statt auf NEM aus dem Supermarkt- oder der Drogerie. Eine Apothekerin oder ein Apotheker kann ein passendes Medikament empfehlen und weiß über die richtige Dosis und Wechselwirkungen Bescheid.
Zum anderen sollten Leistungssportlerinnen und -sportler, wenn sie sich für die Anwendung eines NEM entscheiden, nur geprüfte NEM einnehmen. Für einen NEM-Check kann in Deutschland z. B. die Kölner Liste® genutzt werden. Auf Initiative des Olympiastützpunkts NRW/Rheinland u.a. in Kooperation mit der NADA führt die Kölner Liste® Produkte, die unauffällig auf ausgewählte Dopingsubstanzen getestet wurden. Die Kölner Liste® wird als europäische Lösung aktuell auf Deutsch und Englisch veröffentlicht. Auch in der NADA-App, NADA2go, ist die Kölner Liste® integriert und kann hier auch offline genutzt werden.
Weitere internationale Initiativen sind Informed-Sport (Großbritannien), Supplement 411 (USA) oder NZVT (Niederlande).
Die Nutzung solcher Datenbanken kann das Risiko einer Dopingfalle in jedem Fall deutlich reduzieren. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es aber nicht.
Cannabidiol: CBD-Produkte
Die Anwendung der Substanz Cannabidiol ist nach dem Doping-Reglement der WADA nicht verboten. Die NADA warnt aber dennoch aus den nachfolgenden Gründen vor der Einnahme bzw. Anwendung CBD-haltiger Produkte:
Cannabidiol, kurz CBD, kann aus Cannabispflanzen gewonnen oder synthetisch hergestellt werden. CBD ist als Nahrungsergänzungsmittel, Aroma-Öl oder Kosmetikum, beispielsweise in Form von Ölen oder als Cremes, sowie als verschreibungspflichtiges Arzneimittel gegen besondere Formen der Epilepsie erhältlich. Für Athletinnen und Athleten, die einem Dopingkontrollsystem unterliegen, können CBD-Produkte eine Dopingfalle darstellen, denn Cannabispflanzen enthalten die im Wettkampf verbotene Substanz Tetrahydrocannabinol, kurz THC, und weitere im Wettkampf verbotene Cannabinoide. CBD-Produkte können undefinierbare Mengen an THC enthalten. Damit besteht die Gefahr einer positiven Dopingprobe auf THC. Zudem sind die Risiken und Nebenwirkungen der Anwendung von CBD noch nicht umfassend erforscht. Gesundheitliche Auswirkungen auf den Körper sind daher nicht absehbar.
Eine wissenschaftliche Publikation zur Abschätzung des Risiko-Potenzials eines positiven Dopingbefunds für Athletinnen und Athleten bei der Verwendung von Cannabidiol-Produkten – u.a. von Dr. rer. nat. Anja Scheiff (Leitung NADA-Ressort Medizin) – finden Sie hier: www.dshs-koeln.de/institut-fuer-biochemie/doping-substanzen/doping-lexikon/c/cannabidiol
Medikamente
Dopingsubstanzen sind auch in Medikamenten, selbst in homöopathischer Arznei, zu finden. Selbst vermeintlich harmlose Erkältungsmittel, wie BoxaGrippal® oder WICK MediNait®, enthalten verbotene Substanzen und werden bei unbedachter Einnahme zur Dopingfalle.
Daher sollten Athletinnen und Athleten, die einem Dopingkontrollsystem unterliegen, jedes Medikament vor der Einnahme auf eine mögliche Dopingrelevanz prüfen. Denn bei einem positiven Analyseergebnis einer Dopingkontrolle spielt es keine Rolle, ob Eltern oder die Ärztin oder der Arzt das Medikament gegeben oder verschrieben haben. Athletinnen und Athleten sind immer selbst dafür verantwortlich, was in ihrem Köper gefunden wird.
Die NADA stellt deshalb die Medikamenten-Datenbank NADAmed bereit. In NADAmed können Präparate auf ihre Dopingrelevanz hin geprüft werden. Auch die Eingabe und Prüfung von Wirkstoffen ist möglich. Sportlerinnen und Sportler sollten ein Medikament immer vor der Einnahme in NADAmed prüfen.
Darüber hinaus ist auch die Beispielliste zulässiger Medikamente ein wichtiges Tool für saubere Leistung. Sie enthält eine breite Auswahl erlaubter Medikamente, mit der eine dopingfreie Behandlung gängiger Beschwerden und Krankheitsbilder möglich ist.
NADAmed und die Beispielliste sind über die NADA-App NADA2go verfügbar.
Lebensmittel
Auch Lebensmittel werden manchmal mit dem Thema Doping in Verbindung gebracht. So kann Fleisch, das aus China, Mexiko oder Guatemala stammt, die verbotene Substanz Clenbuterol enthalten. Dies ergaben Untersuchungen u.a. des Manfred-Donike-Instituts und des Zentrums für Präventive Dopingforschung der Deutschen Sporthochschule Köln1. Deshalb rät die NADA bei Reisen, bespielweise für Trainingslager oder Wettkämpfe, in diese Länder zu besonderer Wachsamkeit bei der Ernährung.
Bei großen sportlichen Wettkampfveranstaltungen in oben genannten Ländern kann der jeweils zuständige internationale Sportfachverband Auskunft darüber geben, ob für die Veranstaltung zertifizierte Caterer empfohlen werden, die Clenbuterol-freies Fleisch verarbeiten. Die NADA empfiehlt, immer das offizielle Catering zu nutzen und beispielsweise Streetfood zu vermeiden. Auch der Verzehr in der Gruppe/als Delegation kann bei potentiellen Dopingverstößen zur Aufklärung beitragen. Weitestmöglich sollte auf den Verzehr von Fleischprodukten verzichtet werden. Vorschläge für konkrete Alternativen zur Deckung des Eiweißbedarfs durch andere, sichere Proteinquellen sollten – wie auch vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) empfohlen2 – über die Ernährungsberaterinnen und -berater der Olympiastützpunkte angefordert werden. Viele Verbände und Vereine sind sensibilisiert für dieses Thema und treffen bei Reisen nach China, Mexiko oder Guatemala entsprechende Vorkehrungen. Es kann außerdem hilfreich sein, in den genannten Ländern den Lebensmittelkonsum zu dokumentieren, um bei Auffälligkeiten Informationen zur Verfügung stellen zu können.
Im Volksmund wird auch vor dem Verzehr von Mohnkuchen gewarnt. Richtig ist: Mohnsamen, wie man sie vom Brötchen oder vom Kuchen kennt, enthalten von Natur aus das auf der Verbotsliste stehende Betäubungsmittel Morphin. Die Morphinkonzentration ist jedoch sehr gering, sodass ein paar Körner – oder auch ein paar Brötchen – davon unbedenklich sind. Durch einen übermäßigen Verzehr kann die Konzentration im Körper jedoch steigen. Auch asiatische Tees, wie sie oft in Diäten genutzt werden, können eine Dopingfalle darstellen. Die Ma-Huang-Pflanze, die für solche Tees verwendet wird, enthält beispielsweise die verbotene Stimulanz Ephedrin. In chinesischen Schlankheitstees sind auch schon die Substanzen Oxilofrin oder Methylhexanamin gefunden worden, beide finden sich auf der Verbotsliste wieder.
Nicht nur Sportlerinnen und Sportler sollten also reflektiert und informiert mit den genannten Produkten umgehen, um nicht in eine Dopingfalle zu tappen. Auch ihr sportliches Umfeld kann dabei unterstützen. Die NADA hält dafür einige Informationstool zur Verfügung.
Verweise
[1] Guddat S, Fusshöller G, Schwenke A, Haenelt N, Klose C, Geyer H, Thevis M, Schänzer W: Clenbuterol - regional food contamination as possible source for positive findings in doping control? Lecture at the 29th Cologne Workshop on Dope Analysis 14th February 2011 www.dshs-koeln.de/institut-fuer-biochemie/aktuelles-termine/aktuelles/meldung/meldung/clenbuterol-warning-for-athletes
[2] Deutscher Olympischer Sportbund: Schreiben vom 24.02.2011: Gefährdung von Athleten durch Clenbuterol-kontaminiertes Fleischwww.nada.de/fileadmin/user_upload/nada/Medizin/110224_DOSB_Clenbuterol_Warnung_China.pdf